DER URSPRUNG DES NAMENS DES BERGES

Im Lauf der letzten zwei Millionen Jahren hat diese Region eine bemerkenswerte Hebung erfahren, die durch enorme tektonische Kräfte hervorgerufen wurde. Diese Hebung war nicht stetig, sondern fand in drei verschiedene Phasen statt und in den ruhigen Zeiten dazwischen bildeten sich neue Talsohlen. Auf den drei entstandenen terrassierten Höhenstufen, , haben die Völker ihre bäuerlichen Gebäudeerrichtet: die Terrasse der Dörfer, die Terrasse der „barchi“ und die Terrasse der Alpweiden. Die „barchi“ sind typische Bauwerkeder Täler des Val Cola und Capriasca., Sie bestehen. aus einem Stall und einem Heuboden. Wegen ihrer Nähe zum Dorf wurden sie nicht bewohnt, wie das bei den „maggenghi“ der Fall war, sondern nur für das Vieh genutzt. Die Frauen gingen zweimal täglich zu den «barchi», um die Kühen zu melken. Die Milch wurde zu Hause zu Käse und Butter verarbeitet. Aus dem Namen dieser besonderen Gebäude wurde der Name des Berges hergeleitet: barc – Monte Bar

DIE WALDFLÄCHE

Der Monte Bar war in früheren Zeiten mit einer dichten Vegetation bedeckt, wie man sie heute noch auf den umliegenden Bergen beobachten kann. Um Viehweiden zu erhalten wurden einige Gebiete abgehollzt. Das gegenwärtige karge und baumlose Erscheinungsbild des Monte Bar entstand während der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Was ereignete sich? Der Hauptgrund war die besondere politische und wirtschaftliche Situation. Italien war zu diesem Zeitpunkt noch kein vereinigter Staat. Die Lombardei und Venetien gehörten zum Österreichischen Reich, dessen Regierung vom Volk nicht geduldet wurde. Im März 1848 brachen in Mailand Unruhen und Aufstände aus und nach einem fünf Tagen dauernden Kampf schaffte es das Volk, die Österreicher aus der Stadt zu vertreiben. Nur für kurzer Zeit, die Österreicher kamen zurück und gewannen. Viele Leute flohen und 20000 lombardischen Flüchtlingen wurde Gastfreundschaft im Tessin gewährt. Zur Vergeltung verwies das Österreichische Reich alle Tessiner Emigranten der Region Mailand aus, ordnete die Einstellung von wirtschaftlichen Beziehungen und schloss die Grenzen mit der Absicht, den Kanton Tessin verhungern zu lassen. Die erzwungene Rückkehr der Tessiner Saisonarbeiter (die „Kesselflicker“) spitzte die ohnehin schon schlimme Lebensmittelkrise zu. Die starke Zunahme der zu stopfenden Münder führte zu einer bedeutenden Veränderung der Bewirtschaftung des Tals. Die Landwirtschaft und die Viehzucht brauchten mehr Äcker und Weiden und brachen somit das jahrhundertalte ökologische Gleichgewicht. Weite Waldflächen wurden wild abgeholzt oder vom Feuer zerstört. Der Berg wurde kahl. Die wahllose Abholzung brachte ernsthafte Probleme ins Tal. Nach dem schrecklichen Hochwasserereignis von 1896 mussten die Hänge weiträumig bepflanzt werden, um den Berg vor Erosion zu schützen. Dies kann auch heute auf den Wanderungen noch beobachtet werden.

EINE FUNDGRUBE NATURALISTISCHER KURIOSITÄTEN

Während der letzten Eiszeit blieb das Eis unterhalb von 1200 Meter über Meer, demzufolge wurde das Tal nicht von den Eismassen geformt, sondern eher von der Erosion durch Wasser und Wind. Die Berge wurden nicht vom Klammengriff des Eises erfasst, was den Fortbestand von verschiedenen tierischen und pflanzlichen Lebewesen begünstigte: eine wahrhafte Arche Noah. Somit findet man auf dem Gebirgskamm zwischen Caval Drossa und Gazzirola auch Arten, die bereits vor der Eiszeit vorhanden waren. Ausserdem wurde eine grosse Anzahl alpiner Pflanzen vom Eismeer in die Höhe zu den eisfreien Gipfeln gedrängt.  Heutzutage findet man dort eine arktische wie eine mediterrane Flora.

Eine Eigenartigkeit der Vegetation der Capriasca und der Val Colla ist eine Höheneinteilung, die es ermöglicht, in einem kleinen Raum eine Artenvielfalt vorzufinden, die man sonst auf einer langen Reise von den subtropischen Breitengraden bis zur arktischen Tundra beobachten würde. Ausgehend vom milden Klima des Hügelbereiches, in dem die Kastanienbäume vorherrschen, durchquert man den Bereich der Buchen und denjenigen der Koniferen und nach einem Bereich mit niedriger, gewundener Vegetation, wo die Bäume ums Überleben kämpfen, erreicht man die Berggipfel, wo Flechte, Moos und Spezies der alpinen Flora die Umgebung bestimmen.

DIE TESSINER SHERPAS

Ein Kapitel der Geschichte des Monte Bar betrifft die Trägerinnen aus Bidogno. Es waren starke Frauen, die während dem Bau der ersten Hütte im 1936 das Baumaterial mit dem Tragkorb zu den Männern auf der Baustelle hochtrugen. Nachdem die Hütte fertiggestellt wurde, setzten sie ihre Tragdienste fort, diesmal um die Skis der wohlhabende Luganer hochzutragen. Sie warteten auf dem Kirchplatz auf ihre Kunden. Von dort liefen sie über den Saumpfad, der am Oratorium von Maestà vorbei ging, und setzten ihren „Kreuzweg“ entlang Püfin, Ganna, Pian die Sotto und Musgatina bis zur Hütte fort. Der Preis für den Transport von ein Paar Skis betrug 50 Rappen.

Im Frühling und im Herbst stiegen die Frauen die Bergflanken hinauf, mit jungen Tannen oder andere Bäumchen beladen, um die Hänge aufzuforsten. Auch die Sammlung und der Transport des Laubes, das als Streulager für das Vieh gebraucht wurde, war Aufgabe der Frauen. Ein Kuriosum ist die Sammlung der Farnkräuter, die ebenfalls als Streulager verwendet wurden und erst nach dem 2. September erlaubt war. Die Männer waren Saisonarbeiter und deswegen abwesend,.Zudem trugen diese „Sherpa-Frauen“ während des ersten Weltkrieges Lebensmittel für die Soldaten zur Camoghé-Berghütte hoch.

IN STEIN GEHAUENE ZEICHEN/STEINDENKMAELER

Auf Felsen, die aus dem Boden ragen, auf abgerutschten Steinblöcken und auf herumliegenden Findlingen beobachtet man auf dem Monte Bar zahlreiche typische gehauene Zeichen (Schalen, Rinnen, Kreuze, Fussabdrücke, Menhire, Steinkreise). Der Mensch hat immer das Bedürfnis gehabt, seinen Lebensraum mit einem der ganzen Gemeinschaft bekannten Zeichensystem zu kennzeichnen. Die in die Steine eingehauenen Zeichen voller Zauber erregen die Aufmerksamkeit und die Neugier des Beobachters. Sie sind von

einer geheimnisvollen Aura umgeben. Bei aufmerksamer Betrachtung können sie uns viele Geheimnisse der Geschichte und der Vorstellungswelt jener prähistorischen Völker enthüllen. Einige dieser Zeichen sind sinnbildlich. Sie laden uns ein, über eine ganze Reihe wenig bekannter Aspekte der alpinen Kultur nachzudenken.

Die Deutung der Petroglyphen ist nicht einfach, es gibt eine Vielzahl von Interpretationshypothesen. Einige Gravuren sollen angeblich die Grenzen eines Territoriums darstellen, andere sollen Kultstätten der Sonne oder Wallfahrtsorte symbolisieren, in denen Unheil abwehrende Gebärden ausgeführt oder Opfer zur Abwendung von Naturkatastrophen gebracht werden. Die Aushöhlungen könnten dazu gedient haben, Regenwasser zu sammeln, das zum Schutz besprengt wurde. In die Aushöhlungen hat man vermutlich auch Öl gegossen, das angezündet wurde, um ein Licht der Heiligkeit zu verbreiten.

Besonders lohnt sich ein Besuch des Grenzfelsblockes zwischen Bidogno und Corticiasca, des Felsen von Gola di Lago, des «Motarell de la Stria» von Roveredo, der «Gigante» von Lelgio, die «Balena bianca» von Caslasc, die Felsblöcke von Pian di Sotto, «Ul pé del Crist» von Lelgio, der Stein der Madonna di Borisio.

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